Kommentar von Georg Gunkel-Schwaderer
Das ARD-Magazin Monitor brachte es jetzt ans Licht: Die Atomwirtschaft bestellte sich ministerielle Schreiben, um diese jetzt im Klageverfahren gegen die Bundesländer zu verwenden. Konkret wurde der Fall des Hessischen Ministerpräsidenten Bouffier geschildert. Er warnte im Juni 2011 den Biblis-Betreibern, die RWE-Power AG davor, die Reaktoren wieder hochzufahren. Andernfalls würde die hessische Atomaufsicht dagegen vorgehen (Originalschreiben als Faximile im Monitor-Beitrag). Zunächst einmal wirkt das Schreiben, wie eine der üblichen Weisungen in Sachen Atomkraft. Der Hintergrund der Entstehung dieses Schreibens scheint aber sehr brisant zu sein: ein davor liegendes Schreiben des RWE-Chefs Jürgen Großmann, in dem er sich bei Bouffier einen Bescheid zum Nicht-Wiederanfahren von Biblis bestellt. Wortlaut des von Monitor abgebildeten Schreibens:
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Bouffier,
der 15. Juni und damit der Tag, an dem wir Biblis B wieder anfahren könnten, rückt näher. Herr Minister Pofalla sagte mir zu, mir bis dorthin wieder einen schriftlichen Bescheid zu geben, dass Sie ein eventuelles Anfahren verhindern werden. Wann können wir mit diesem Schreiben rechnen?
Grüße in die USA, Ihr Jürgen Großmann.“
Es geht um zig hundert Millionen Euro. Und viele ahnten es schon, als sich nach dem MegaGAU von Fukushima die Merkelsche Kehrtwende in Sachen Atomkraft andeutete: „Irgendwas stimmt doch hier nicht“.
Gerade hatte die schwarz-gelbe Regierung die Laufzeitverlängerung für die bundesrepublikanischen AKW, gegen den Widerstand der Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt, da passierte in Japan das, was die weltweite Anti-Atom-Bewegung immer befürchtet hatte und sich schon einmal 1986 bewahrheitete: das Durchgehen –diesmal sogar– mehrerer Reaktoren!
Zeitgenössisches –satirisch modifiziertes– Wahlplakat aus 2009
Und plötzlich schien sogar dieser Pro-Atom-Regierung klar, dass es so nicht weiter gehen konnte. Wirklich? Oder wurde da hinter den Kulissen schon wieder alles glattgezogen? Mir kam damals schon der Verdacht, nachdem alles so vordergründig glatt lief, dass man sich in der Regierung vielleicht dachte: „Jetzt so weitermachen kostet unnötig Wähler_innenstimmen. Lass ein paar Jahre ins Land gehen, dann werden uns schon Möglichkeiten einfallen, wie die Atomkraft wieder aus dem Hut zu zaubern ist“. Schließlich stand kurz drauf die Landtagswahl in Baden-Württemberg an. Nach den Laufzeitverlängerungsprotesten in 2010 war zudem klar, dass die Bevölkerung ein „weiter so“ nach diesem schwersten Unfall in der Geschichte der Atomkraft nicht mitmachen würde.
Zeitgenössisches –satirisch modifiziertes– Wahlplakat aus 2009
Mein Eindruck war, dass die 2011 aus der Taufe gehobene Energiewende nur als Beruhigungspille gedacht war, um sie dann, wenn der Fukushima-Schock abgeflaut war, scheitern zu lassen. Und: als Lösung für das bis dahin wieder verstärkt in den Fokus genommene Klima- und Kostenproblem diente dann wieder? Drei Mal dürfen wir raten… Die Atomkraft…
Warten wir mal den weiteren Gang der Dinge ab.
Unsere Mitglieder, die SPD und hier die MdB Hiltrud Lotze hat bereits nachgehakt und ein paar wesentliche Fragen dazu gestellt: Pressemitteilung MdB Hiltrud Lotze
Und auch die Grüne Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Atompolitik, Miriam Staudte legt den Finger in die weit aufklaffende Wunde der CDU unter anderem in ihrer Rede in der Aktuellen Stunde – „Der 228-Millionen-Euro-Brief: Lieferten Vertreter der CDU eine Begründung für die Klage gegen das Moratorium im AKW Unterweser?„