Gelungener Auftakt: Aktionstag in Lüneburg

Kundgebung am 29.10.2011 zum bevorstehenden CASTOR-Transport 2011Mit rund 200 TeilnehmerInnen gelang heute am Lüneburger Bahnhof ein guter Auftakt mit 5 engagierten Redebeiträgen. Eine anschließende Fahrradtour entlang der CASTOR-Strecke war mit ca. 70 TeilnehmerInnen bei Sonnenschein, ein gut besuchter Abschluss dieses Aktionstages.

Die RednerInnen bei der Auftaktkundgebung am Bahnhof widmeten sich vielfältigen Schwerpunkten, des zum Himmel stinkenden Atommülldesasters. Die TeilnehmerInnen wurden von Dirk Werner (LAgA) begrüßt. In seinem Redebeitrag ging er auf die Hintergründe ein, die es nötig machten, trotz (oder gerade wegen) des von der Bundesregierung nur vordergründig vollzogenen „Atomausstiegs“, weiterhin gegen Atomkraft zu demonstrieren: Es laufen weiterhin etliche Reaktoren. Es werden weiterhin unglaubliche Mengen Atommülls produziert, von denen noch niemand –weltweit– sagen könne, wo sie sicher gelagert werden könnten.
Am Beispiel sowohl der Endlagerbaustelle, aber auch des so genannten „Zwischenlagers“ in Gorleben werde deutlich, dass Atomkraft eine Sackgasse sei.
Gerade das aktuelle Herumlavieren mit den überschrittenen Grenzwerten am so genannten „Zwischenlager“ –einer Leichtbauhalle, ohne besonderen Strahlenschutz– werde nun versucht, durch Hütchenspielertricks die Strahlenwerte doch noch so weit schön zu rechnen, dass der neue –und letzte La Hague– Transport dann doch rollen könne. Dabei werden dann Gammastrahlenwerte mal schnell auf Null gesetzt und mit allen möglichen lauteren und unlauteren Mitteln die Zahlen geschönt.
Ein weiterer Aspekt, auf den Werner einging waren neuere Erkenntnisse über den Verlauf der Mega-Atomkatastrophe in Fukushima (LAgAtom berichtete): Wie eine internationale Studie belegt, seien bereits vor dem eintreffenden Tsunami exorbitante Xenon-Freisetzungen geschehen, die auf strukturelle Zerstörungen in den Atomreaktoren hinweisen (siehe auf LAgAtom wiedergegebene Pressemitteilung vom IPPNW)

Seinen Redebeitrag schloss Dirk Werner mit einem Blick auf den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu Benennung Gorlebens als möglichem Endlager für hochradioaktiven Atommüll in den 1970er Jahren. Hier nahmen die Ermittlungen über den Einfluss der damaligen und vor allem der nachfolgenden Bundesregierung unter H. Kohl auf die Benennung eine wohl entscheidende Wendung (LAgAtom.de berichtete): Der damalige Geschäftsführer der untersuchenden „Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungs-Gesellschaft (KEWA)“, Adalbert Schlitt gab im PUA zu Protokoll, dass Gorleben nie in die engere Wahl gekommen sei – schlimmer noch: nie auch nur zur Diskussion stand (siehe auf LAgAtom wiedergegebene Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg).

DGB-Regionssekretär für Nordostniedersachsen, Lannard AldagDGB-Regionssekretär für Nordostniedersachsen, Lennard Aldag, widmete seinen Redebeitrag der Solidarisierung mit den e.on-MitarbeiterInnen, deren Arbeitsplätze aktuell vom Konzern gefährdet werden. Dies wird von e.on damit versucht zu rechtfertigen, dass der Atomausstieg große Umstrukturierungen im Konzern nötig mache. In Wahrheit sei dies aber ein leicht zu durchschauendes Manöver. Denn vor allem sollten nun Stellen in der Verwaltung gestrichen werden – im Bereich der Atomsparte derzeit so gut wie keine. Andererseits verdingt sich der Konzern international im Aufkauf von Konkurrenzunternehmen, wie zum Beispiel in Portugal. Hier werden aufgrund der durch die EU verordneten Sparmaßnahmen große, öffentliche Bereiche privatisiert – und so eben auch staatliche Energieversorger. Nach Aldag schließt sich hier der Kreis der Kritik am kapitalistischen System. Es hänge alles aneinander. Die Milliardenprofite der Atomindustrie, die Roulettespiel der Banken, die Krisenerscheinungen auf den Finanzmärkten und die Staatspleiten in Europa… Ein Blick über den Tellerand des Atomthemas ergebe dann ein Ganzes. Die Proteste gegen den Kapitalismus, gegen Banken, gegen den Ausverkauf von Arbeitnehmerrechten passe in einen Bilderrahmen mit den Protesten und dem Kampf gegen Atomkraft.

Georg Janßen von der Bäuerlichen NotgemeinschaftGeorg Janßen von der Bäuerlichen Notgemeinschaft ließ den Blick in die Zukunft des Gorlebenprotests verschmelzen mit dem Blick in die lange Tradition des bäuerlichen Protests im Wendland. 30 Jahre schon kämpfen die Bauern im Wendland gegen die atomaren Schweinereien, die uns allen und eben auch den Bauern im Wendland die Lebensgrundlagen streitig machen. Dabei fühlen sich den wendischen Bauern gut aufgehoben im breiten Anti-Atom-Protest, der von allen möglichen gesellschaftlichen Schichten getragen wird. Sein Credo: Die Bauern kämpfen entschieden gegen die Verseuchung der Lebensgrundlagen – in Fukushima und weiten Teilen Japans könne man derzeit traurig und wütend mit ansehen, was die atomare Verstrahlung mit den bäuerlichen Betrieben, mit einem Großteil der Lebensmittel und damit auch mit dem Überleben von Menschen anrichtet. Dagegen gelte es entschieden aufzutreten!

Michi Kitazawa-Engel lebt seit Jahren in Deutschland und hat enge Kontakte nach JapanEin mal mehr beeindruckte Michi Kitazawa-Engel, eine seit Jahren in Deutschland lebende Atomkraftgegnerin aus Japan, mit aktuellen Informationen aus Japan und der Situation in und um Fukushima. Es werde deutlich, dass die nukleare Belastung sich durch das ganze Land hindurch messen lasse. Immer neue Meldungen von verseuchten Reis-Ernten zeigen, dass das Problem der radioaktiven Belastung zu einer Überlebensfrage für das Land werde.
Und in dieser Situation deute der neu gewählte Ministerpräsident Yoshihiko Noda eine Renaissance der Atomkraft an: Japan werde zukünftig die sichersten Atomkraftwerke der Welt bauen. Dies stößt bei einer Vielzahl, wenn nicht bei der Mehrheit der japanischen Bevölkerung auf Wut und Unverständnis. Daher formierten sich derzeit viele Initiativen, die für eine Beendigung des Atomkraftabenteuers einträten. Es gäbe auch mehrere Kampagnen, an denen sich international –also auch in Deutschland– Menschen an den Protesten beteiligen könnten (wir unterstützen auf LAgAtom entsprechende Unterschriftenaktionen, klicken Sie hier!).

Petra Kruse-Runge (LAgA und Grüne)Den Abschluss der Kundgebung bildete der Redebeitrag von Petra Kruse-Runge, die als engagiertes LAgA-Mitglied noch einmal die Notwendigkeit unterstrich, nun gegen den CASTOR aktiv zu werden. Sie umriss die kommenden 4 Wochen, die durch eine Vielzahl von Aktionen und Demonstrationen geprägt sein wird. Es wurde auch ein Licht auf die verschiedenen Aktionsformen im direkten Zusammenhang mit dem Transport Ende November gerichtet.

Einen Vorgeschmack auf die Vielfalt der Aktionsformen bot eine Gruppe an KletteraktivistInnen, die sowohl das Dach des Haupt- als auch des Westbahnhofs und des ZOB in luftiger Höhe besetzten und mit Transparenten schmückten. Klasse Aktion, nach dessen Ende, wie üblich, die Daumenschrauben des Atomstaats wieder angezogen wurden. Natürlich so gut, wie ohne Öffentlichkeit…

Ein heißer Herbst steht uns bevor – machen wir was draus!

 

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