Vor zehn Jahren – Am 7. November 2004 wurde der französische Atomkraftgegner Sébastien Briat vom Castor-Zug aus
dem französischem La Hague nach Gorleben nahe der Stadt Avricourt erfasst und getötet.
Die genauen Umstände, die zu diesem Unglück führten, wurden nie zweifelsfrei geklärt. Fest steht, dass
Sicherheitsvorschriften seitens der französischen Bahn nicht beachtet wurden. Der Zug fuhr viel zu schnell, um
rechtzeitig bremsen zu können. Der Begleithubschrauber war gerade beim Tanken. Der Zug sollte eine Verspätung
aufholen, die durch eine vorausgegangene Blockade entstanden war. Der damals 22-jährige Sébastien wurde vom Zug
erfasst, als er gerade die Gleise verlassen wollte.
Sebastien war einer von uns, deshalb wollen Anti-Atom-Initiativen in Lüneburg Uelzen und Gorleben an ihn erinnern.
Freitag, 7. November 2014 18.00 Uhr Kundgebung und Mahnwache – Bahnhofsvorplatz Lüneburg
Freitag, 7. November 2014 20.00 Uhr Lesung mit Cécile Lecomte – SoZ, Uelzen
Samstag, 8. November 2014 19.00 Uhr Lesung mit Cécile Lecomte – Café Albis, Haupstraße 3, Hitzacker
Sonntag, 9. November 2014 12.30 Uhr Salinas Gelände-Atomanlagen Gorleben, Einweihung Mahnmal und Mahnwache, anschließend 13.00 Uhr Sonntagsspaziergang
Sébastien wuchs mit Vater, Mutter und zwei jüngeren Schwestern in einem
kleinen Dorf in Lothringen auf. Er war ein guter Schüler und “eher
bescheiden”, wie sich ein Lehrer erinnert.
Sébastien spielte seit seiner Jugend Rugby, war die Nummer 9 in seinem
Club. Vor seinem Tod war er mit Menschen zusammen, die Spaß an Musik,
Straßentheater und Zirkus hatten, in den Tag hinein zu leben und sich
“Car’pe Diem” nannten. Sie träumten davon, einen alten Bus umzubauen, um
damit loszuziehen. Sébastien machte sich gerne überall nützlich, sagen
Freund_innen. Sie nannten ihn “Liebling“. Zudem engagierte er sich in
einer Anti-Atom-Gruppe, die gegen ein Untergrundlabor in Bure kämpfte,
das nach einer Tiefenerkundung zum Endlager für hochradioaktiven Abfall
in Frankreich werden soll.
Sébastien war ein ausgesprochen lebenslustiger, lebendiger Mensch, der
für das Leben gekämpft hat. Uns verbindet der gemeinsame Widerstand
gegen ein Herrschaftssystem, das menschenverachtend aus ökonomischen und
politischen Interessen die Atomtechnologie durchsetzt. Sébastien wollte
mit einer Gruppe den Castortransport aufhalten. Die Anti-AKW-Bewegung in
Frankreich und in der BRD hatte dazu aufgerufen, sich diesem Transport
zu „widersetzen“, sich „querzustellen“. Eine Ver- und Behinderung der
Atomtransporte stört die Atom-Energie-Produktion und damit auch die
Produktion neuen Mülls empfindlich und demonstriert, dass das
Atomprogramm politisch nicht akzeptiert wird.
Mit der Reaktorkatastrophe von Fukushima wurde erneut deutlich, dass das
„Restrisiko“ der Atomenergie nicht beherrschbar ist. Und der Ausstieg
aus der Laufzeitverlängerung hat keineswegs eine Neuausrichtung der
Energiepolitik gebracht: „Moderne“ Atommeiler sollen noch bis ins
nächste Jahrzehnt hinein am Netz bleiben, jährlich hunderte Tonnen
hochgiftigen Atommülls produzieren und das Risiko eines GAUs der
Atomanlagen täglich reproduzieren. Und obwohl bald „ergebnisoffen“ nach
einem Standort für ein atomares „Endlager“ gesucht werden soll, ist
klar: Es kann kein sicheres „Endlager“ oder „Zwischenlager“ geben! Die
Sanierungsfälle Asse und Morsleben machen dies überdeutlich. An der
Notwendigkeit, selbst für den Atomausstieg und für dezentrale,
basisdemokratisch verwaltete Energieversorgungssysteme aktiv werden zu
müssen, ändert der „Ausstieg“ der Bundesregierung nichts: Die
Urananreicherungsanlage in Gronau bleibt genauso unbehelligt, wie die
Regierung an ihren Bürgschaften für den Export deutscher Atomtechnologie
nach Brasilien festhält. Auch der zerstörerische Uranabbau soll vor
allem im globalen Süden weitergehen.
Nicht trotz, sondern gerade wegen des „Atomausstiegs light“ der
Bundesregierung gibt es ausreichend Gründe gegen die
menschenverachtenden Machenschaften der Atomindustrie und ihrer
Unterstützer_innen in der Politik entschieden zu protestieren und
Atommülltransporte mit kreativen und entschlossenen Protestaktionen zu
begleiten, zu stoppen – überall!
Für uns ist weiterhin klar: „Atomausstieg bleibt Handarbeit!“. Wenn wir
unsere Vorstellungen von einer Energieversorgung im Interesse aller
Menschen und der Umwelt gegen die Pläne von Regierung und Wirtschaft
durchsetzen wollen, müssen wir selbst aktiv werden und werden auch
weiterhin die Castortransporte blockieren.
Sébastien starb, als er sich zu Wehr setzte. Unsere Abscheu und unsere
Wut und unser Widerstand richten sich gegen die, die Tote billigend in
Kauf nehmen, um ihre Macht- und Profitinteressen durchzusetzen.
Sébastien kämpfte für das Leben. Wir werden seinen Kampf fortführen und
sein Andenken bewahren.
BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
BI Umweltschutz Uelzen
JANUN Lüneburg
Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen
Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom