Ich habe begonnen, darüber nachzudenken, wie man diesem Risiko effektiv begegnet, wie man das Risiko einer Massenvernichtung mit hundertprozentiger Sicherheit verhindert. (…) Mir ist klar geworden, dass wir eine Gesellschaft aufbauen müssen, welche die Atomkraft nicht nutzt.
Ex-Premierminister Naoto Kan1
Wenn die LDP [die Partei, die derzeit Japan regiert] sich dazu entschließen könnte, von der Atomkraft abzurücken, dann wären sämtliche Parteien für diese Politik, denn die Opposition unterstützt jetzt schon diesen Weg.
Was für ein großartiges, wundervolles Projekt wäre das! [Der Premierminister] kann seine Macht dazu einsetzen, die natürlichen Ressourcen zu nutzen. Es gibt keinen anderen Premierminister, der ein derartiges Glück gehabt hätte.
Ex-Premierminister Junichiro Koizumi2
Der Mythos, dass die Atomkraft sauber und sicher sei, ist in sich zusammengefallen. Wir haben nicht einmal einen Ort, an dem wir den Atommüll lagern könnten. Ohne diesen wäre ein Neustart der AKWs aber ein Verbrechen gegen künftige Generationen.
Ex-Premierminister Morihiro Hosokawa3
Der weitere Betrieb von Atomkraftwerken ist ein Verbrechen
Gedanken zum dritten Jahrestag der dreifachen Kernschmelze in Fukushima Daiichi von nepomuk311
Fukushima jährt sich dieser Tage zum dritten Mal. Noch immer setzt sich der Unfall fort, noch immer gelangt radioaktives Wasser in die Umwelt, das mit den geschmolzenen Brennelementen in Berührung gekommen ist. Damit ist eine Situation eingetreten, in der ein Unfall der INES Stufe 3 (im besten Fall) in drei unterschiedlichen Reaktoren jeden Tag stattfindet, jeden Tag stattgefunden hat, seit dem 11. März 2011 also 3.285 mal – all dies wird verdeckt durch eine einmalige Kategorisierung des Unfalls in 3 Reaktoren als INES Stufe 7. Der jetzt eingetretene Fall kann mit der vorhandenen Wertungsskala also nur unzureichend beschrieben werden, denn er ist so nie vorhergesehen worden. Vieles am Geschehen in Fukushima ist nie vorhergesehen worden. Vorhergesehen wurde nur eins: Atomkraft sei sicher.
Der dreifache Beweis, dass dem nicht so ist, wurde nun zu Lasten von Japan erbracht. Zu Lasten der Fische im Pazifik, zu Lasten der Kirschbäume in der Provinz Fukushima, zu Lasten ungezählter Kinder, die noch nicht einmal geboren sind.
Die Lektion wurde von den oben genannten Betroffenen, welche übrigens allesamt in ihrer persönlichen Geschichte einmal anderer Ansicht waren, verstanden. Man könnte daher meinen, dass die Lektion wohl deutlich genug war. Erstaunlicherweise wird die Atomkraft nach dieser furchtbaren Mahnung aber nicht etwa geächtet: Die gleichen Stellen, die einmal behauptet haben, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Kernschmelze bei eins zu einer Million läge und die nun feststellen müssen, dass sie sich um einen Faktor von von 1 mal 10 hoch 18 (1.000.000.000.000.000.000) geirrt haben, halten unbeirrt daran fest, dass die Kernkraft weltweit zu fördern sei, da sie „Frieden, Gesundheit und Wohlstand“ mit sich brächte.
Wer sich um eine Trillion verrechnet, den kann kein vernunftbegabter Mensch weiterhin ernst nehmen. Mit den Worten der Naturwissenschaft ausgedrückt: wer sich um einen Faktor von einer Trillion irrt, der betreibt keine Naturwissenschaft, der hat so viele Glaubenssätze und frei erfundene Annahmen in seine Gleichungen eingebaut, dass von einem redlichen Einsatz des Wissens um die Gesetze dieser Welt nicht die Rede sein kann. Vielleicht war es Wunschdenken, vielleicht das Bedürfnis, mächtiger sein zu wollen als die Naturkräfte selbst? Die Begründung für derart untaugliche Annahmen mag also im Bereich der Psychologie zu suchen sein – mit Mathematik und Physik hat sie offensichtlich nichts zu tun.
Eine lebensgefährliche Technik aber, die auf dem Boden menschlicher Eitelkeit errichtet wurde, kann nur ins Verderben führen. Einige Betroffene haben diese bittere Lektion bereits lernen müssen. Sie warnen uns in unmissverständlichen Worten: „Atomkraft ist ein Verbrechen“.
Lernen wir daraus, bevor wir die nächsten Opfer sind.
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1 http://www.youtube.com/watch?v=nAYVK8_W2h4
2 http://www.reuters.com/article/2013/11/12/us-japan-nuclear-koizumi-idUSBRE9AB0HK20131112
3 http://www.businessweek.com/news/2014-01-21/hosokawa-targets-tokyo-s-economic-clout-in-japan-nuclear-debate#p1