Seit Jahren ist rund um das AKW Kümmel nicht viel passiert. Nach diversen Pannen seit 2009 vom Netz, soll es seit 2011 endgültig stillgelegt werden – doch der Betreiber Vattenfall zierte sich mit dem Antrag bei der Aufsichtsbehörde. In den letzten Wochen ist jetzt Bewegung in die Sache gekommen. Vattenfall hat nun doch überraschend einen Stilllegungsantrag gestellt und die Schadenersatzklage vor dem Schiedsgericht ICSID in Washington steht kurz vorm dem Aus (Bericht bei Umweltfairändern). Im Juli kündigte Pieter Wasmuth, Geschäftsführer der Kernenergiesparte von Vattenfall Europe, an, man wolle „die Bevölkerung vor Ort mit einem »Runden Tisch« in den langjährigen Abrissprozess einbeziehen“ (Bericht bei Umweltfairändern).
Nun zeigt sich aber, dass man schon beiden ersten Schritten der angestrebten BürgerInnenbeteiligung ins Stolpern gerät.
Vattenfall lädt für Ende September ausgewählte „Institutionen rund um Geesthacht“ mit je einer abgesandten Person zur Gründung eines „Runden Tisches“ ein. Lagatom gehört zu diesen geladenen Gruppen, wobei die Auswahlkriterien unklar bleiben. Wir werden dieses Angebot in der von Vattenfall vorgeschlagenen Form jedoch ablehnen.
Ein „Runder Tisch“, bei dem vorab von Seiten des Betreibers ausgewählt wird, wer daran teilnehmen soll – und indirekt dann ja auch wer nicht -, ist schon vor der ersten Sitzung nicht mehr rund.
Die Geschichte der Atomkraft ist geprägt von Kungeleien und Intransparenz. Deshalb empfinden wir es als fatalen Fehler, wenn hier ein Forum ins Leben gerufen wird, bei dem die TeilnehmerInnen handverlesen sind und das hinter geschlossenen Türen über unklare Themen verhandelt. Wer wurde denn da warum ausgewählt? Welche Themen können und sollen da besprochen werden? Geht es um Beteiligung, um Mitsprache oder nur um Information?
Was es hier braucht, ist eine überregional beworbenen, für alle offene Veranstaltung, bei der Vattenfall seine Vorstellungen von Bürgerbeteiligung auf den Tisch legt. Nur so lässt sich offen und für alle transparent sichtbar klären, was denn das Ziel des „Runden Tisches“ sein soll, mit welchem Anspruch Vattenfall einsteigt und welche Rolle den BürgerInnen dabei zukommen soll.
Geht es an dieser Stelle um reine Information, macht ein „Runder Tisch“ keinen Sinn. Dazu würden öffentliche Veranstaltungen mit der uneingeschränkten Möglichkeit, Fragen zu stellen, und eine umfängliche Veröffentlichung von Antragsunterlagen ausreichen.
Ein Forum hingegen, das sich an Begriffen wie „Konsens, Mitsprache und Beteiligung“ orientiert, bedarf eines klaren Rahmens. Wir verweisen hier gerne auf den HZG-Dialog und die dort erarbeitet „Grundzüge der Zusammenarbeit“. Der HZG-Dialog wurde im Herbst 2012 mit einer sehr breit beworbenen Veranstaltung gestartet. Bei dem der Betreiber seine Überlegungen für eine Begleitggruppe dargelegt und sich selbst auch unbequemen Fragen gestellt hat. Quasi Zaun an Zaun mit dem AKW Krümmel zeigt mit dem Helmholtz-Zentrum Geesthacht ein Betreiber einer Atomanlage auf, dass „konsensorientierter“ Dialog im Rahmen eines Rückbauprozesses möglich ist. Abgucken wäre hier durchaus erlaubt.
Das bisherige Auftreten von Vattenfall im Stilllegungsverfahren des AKW Brunsbüttel (Bericht bei Umweltfairändern) weckt bei uns hingegen große Zweifel, an der Bereitschaft des Konzerns, AnwohnerInnen wirklich ausreichen zu beteiligen oder auch nur zu informieren. Öffentliche Veranstaltungen, bei denen Fragen aus dem Auditorium begrenzt werden und ein Genehmigungsverfahren, bei dem wichtige Dokumente nicht öffentlich ausgelegt werden, zeigen da in eine falsche Richtung.
Lagatom ist durchaus bereit, sich aktiv in die Diskussion rund um die Stilllegung des AKW Krümmel einzubringen aber nur, wenn es um eine Chance für eine wirkliche BürgerInnenbeteiligung geht und nicht um strategisch Einbindung als „grünes Feigenblatt“ .