Ziviler Ungehorsam gegen Castor-Transport

Demonstrationsrecht auch für Menschen mit Behinderung?.

Vom 10.11.2010 Bergisch Gladbach (siehe: http://www.kobinet-nachrichten.org)

Ob das Demonstrationsrecht auch für Menschen mit Behinderung in vollem Umfang gilt, fragt sich Friedrich Wyzyla von der Selbsthilfegruppe Netzhautablösung angesichts aktueller Entwicklungen bei Demonstrationen zu Stuttgart 21 und im Wendland.

Die Polizeieinsätze bei den Demonstrationen zum „Castortransport“ und „Stuttgart 21“ haben mich sehr betroffen gemacht. Das auch aus einem Aspekt heraus, der in den Medien bislang nicht erwähnt wurde.

Wie sieht es mit dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Meinungsfreiheit und dem Demonstrationsrecht für Menschen mit Behinderungen aus? Gilt das auch für unseren Personenkreis noch, ist sichergestellt, dass auch wir uns ohne bleibende gesundheitliche Schäden an friedlichen Aktionen beteiligen können, die Menschen die uns eigentlich schützen sollen, uns nicht verletzen?

Für mich persönlich muss ich diese Fragen mit einem klaren Nein beantworten.

Ich hätte gerne von meinem Demonstrationsrecht Gebrauch gemacht, dennoch habe ich nicht im Wendland demonstriert. Ich hatte nach den Bildern von „Stuttgart 21“ schlichtweg Angst um meine Gesundheit/meine Augen. Der Einsatz von Wasserwerfern, Reizgas und Schlagstöcken stellt eine Gefahr für alle Teilnehmer dar. Menschen ohne Einschränkungen können aber wenigstens reagieren, sich schützen oder weglaufen. Die Chance habe ich nicht. Ich überblicke die Situation gar nicht schnell genug, bekomme die Dose mit dem Gas viel zu spät mit, den Stock ebenso. Dem Menschen der gleich mit einem Schlagstock auf mich einprügelt, mir Reizgas ins Gesicht sprüht, kann ich nicht mal in die Augen sehen, dafür reicht mein Sehvermögen nicht.

Ein einziger, sogar nur leichter Schlag mit dem Knüppel, nur ein kurzes sprühen
mit Reizgas kann ein Leben zerstören bzw. ein Augenlicht nehmen. Menschen mit Netzhautablösung sind da sogar extrem gefährdet.

In unserem Forum habe ich unseren Lesern, aus diesem Grund sogar von einer ‚aktiven‘ Teilnahme an Aktionen im Wendland abgeraten.Ob der Einsatz jeweils „verhältnismäßig“ bzw. „angemessen“ war wird von der Politik danach erst geklärt. Die Polizeibeamten sind angehalten die Vorgaben umzusetzen, egal ob sie dahinter stehen.

Fest steht aber schon vorher, dass diese Maßnahmen Menschen mit Einschränkungen, an der Wahrnehmung ihres Grundrechts zu demonstrieren „behindern“.

Friedrich Wyzyla

Selbsthilfegruppe Netzhautablösung Bereich Öffentlichkeitsarbeit

Siehe auch:

Demonstrationsrecht auch für Menschen mit Behinderung?

http://www.kobinet-nachrichten.org/cipp/kobinet/custom/pub/content,lang,1/oid,25278/ticket,g_a_s_t

——————————————————————————————————————————

Leserbrief LZ vom 1.11.2010 von Dirk Werner zum Thema: „Kriminalisierung einer politisch interessierte Bevölkerung /Protest auf dem Höhepunkt“ als Anmerkung zu dem Artikel „Keine Gewalt“ von  Frau Schröder-Ehlers vom 28.Okt.2010

Das was im Moment an Protest hier in Lüneburg und in Deutschland sichtbar ist, ist das Maximum, was eine politisch interessierte Bevölkerung heutzutage leisten kann und vielleicht sogar leisten darf!?

Mehr geht nicht, aber werden wir damit überhaupt wahrgenommen?! Mit über zwanzig Veranstaltungen in diesem Jahr engagierte sich z.B. ein breites gesellschaftliches Spektrum im Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (siehe www.lagatom.de). Wir kämpfen hier mit aller Energie und oft mit letzter Kraft…nicht weil wir aus lauter Langeweile einfach mal protestieren wollen -sondern weil uns die Entscheidungen der aktuellen schwarzgelben Regierung bedrohen! Weil wir uns die Zukunft ohne gefährliche Atomkraft und Atommüll vorstellen.

Wie bei den großen Demos von Stuttgart 21 und den Bildungsstreik 2008/2009, gehen in Lüneburg mit mir viele Menschen auf die Straße, weil wir nicht anders können, weil wir unsere Bedürfnisse nicht erfüllt sehen…weil an uns vorbei regiert wird –weil wir auch bei zukünftigen Entscheidungen nicht miteinbezogen werden!

Ich will die Veränderung jetzt und zwar noch während meiner Lebenszeit und möchte die nächsten Jahre meine Energie nicht mit  Widerstand und Protest für ein Thema von „gestern“ vergeuden. Die Massenbewegung bei Stuttgart 21 und dem aktuellen Castorwiderstand sind keine neue „Protestkultur“, sondern sind ein absolutes Warnsignal des Volkes an die Regierenden. Doch Vorsicht, längst nicht alle Menschen, die heute gegen Atomkraft sind, trauen sich auch auf die Straße zu gehen oder in der Öffentlichkeit ihre Meinung zu sagen.  Jedoch treiben ein Jahr schwarzgelbe Vetternwirtschaft mit der Atomlobby und immense Fehler in der Vergangenheit, immer mehr junge Menschen auf die Straße. Ziviler Ungehorsam als letztes Mittel gegen Ungerechtigkeit und Korruption? Aber was ist heute noch erlaubt und was wird  uns überhaupt noch als „ziviler Protest“ zugestanden? Beeindruckt unsere Regierung heutzutage überhaupt noch eine gewöhnliche Massendemonstration mit „nur“ 150.000 Menschen…nimmt sie uns ernst?

Was ist zu tun, wenn Verantwortliche nach einer Wahl ihr Wort nicht halten oder die Öffentlichkeit völlig ausschließen und den Widerstand kriminalisieren oder gar nicht  wahrnehmen? Wie ignorant darf eine Regierung gegenüber ihren wertvollen  kritischen Kräften in der Bevölkerung sein? Und wohin führt uns diese totale   Unachtsamkeit gegenüber dem Volk? Können wir uns das wirklich leisten?

Muss man nicht  Angst haben vor seinen  eigenen Staat?

So wurden z.B. bei der  trad. Lüchower Schülerdemo beim letzten Castortransport die Jugendproteste brutal von der Polizei zerschlagen! Das ist beschämend und schädigt unsere demokratischen und politischen Kräfte der Zukunft!! Schüler gehen  auf die Straße, um für das Leben zu protestieren und  für ein gesellschaftspolitisches Ziel. Wie sollen Jugendliche zu selbstbestimmte Menschen werden, wenn unsere Staatsorgane ihnen bei ihren ersten politischen Gehversuchen Knüppel zwischen die Beine schlagen?!

Ich hoffe, sie lassen sich dadurch nicht vom Ziel abbringen, ich denke Sie werden genau wie wir weitergehen, bei Umweltthemen, G8 Gipfeln, bei der Bildungsreform, beim Sozialabbau und vielen anderen wichtigen Themen und werden uns auf ihre Weise zeigen, was sie von Korruption, Vetternwirtschaft, falschen Versprechungen,  Kriminalisierung und Ignoranz halten!

Werden die  Begriffe „Gewaltfreiheit“ und „Ziviler Ungehorsam“ bei den zu erwartenden Castor-Aktionen im Herbst 2010 verletzt?

Hier ein Diskussionsbeitrag für Interessierte aus der Presse, es folgen Pro- und Contra-Artikel plus Kommentare:

http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/die-schotter-kampagne

http://klima-der-gerechtigkeit.de/2010/08/25/castor-schottern-ist-legitim/

http://www.castor.de/diskus/lesb-ejz/2010/quartal3/0918a.html

von MARTIN KAUL,taz -Artikel vom 24.8 2010

Ziviler Ungehorsam gegen Castor-Transport

Betrifft: Die Schotter-Kampagne

Mit massenhaftem Ungehorsam wollen linke Gruppen den Castor-Protest zuspitzen. Beim Castor-Transport sollen die Gleisbetten kollektiv entsteint werden. Ohne Gleisbett keine Schienen, ohne Schienen kein Atommüll-Transport.

Schotterst Du schon? Oder schlotterst Du noch? Das könnte eine der Kernfragen sein, wenn im November die Proteste gegen die Castor-Transporte eine neue Qualität bekommen könnten. Im Anti-Atom-Spektrum wird derzeit heiß diskutiert, ob und wie sich eine Massenaktion realisieren lässt, die auch vor der kollektiven Straftat nicht halt macht. Das Stichwort: „Schottern“.

Der kühne Plan: Wenn bei den Castor-Transporten tausende Menschen nicht nur auf der Straße sitzen, sondern gemeinsam komplette Gleisabschnitte von Steinen befreien, könne sich der Tross effektiv stoppen lassen.

Dass vereinzelt Gruppen beim Castor-Transport versuchen, das Gleisbett zu stürmen, ist nicht neu. Neu wäre hingegen, wenn Gruppen und Personen offen zu einer massenhaften Straftat aufrufen.

Mit der Aktion wollen die AktivistInnen an Konzepte zivilen Ungehorsams anknüpfen, die zuletzt bei den Blockaden von Neonaziaufmärschen in Dresden, Lübeck oder Berlin effektiv waren. Dabei beteiligten sich bis hin zu Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse viele Menschen an zivilem Ungehorsam.

„Die Schottern-Kampagne kann eine riesige Dynamik entwickeln, wenn es gelingt, breite gesellschaftliche Kreise für diesen nötigen Schritt zivilen Ungehorsams zu gewinnen. Dann werden auch Versuche der Polizei scheitern, das Ganze zu kriminalisieren“, sagte etwa Wendland-Aktivist Jochen Stay.

Die Bundespolizei hingegen warnt: „Jeder, der sich an einer solchen Aktion beteiligt, würde sich wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr strafbar machen. Auch wer nur dazu aufruft, macht sich bereits strafbar, selbst wenn dem Aufruf dann niemand folgt“, sagte ein Sprecher der taz.

Das sehen Anwälte ganz anders. Peer Stolle vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein sagte: „Ein gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr setzt voraus, dass es überhaupt Schienenverkehr gibt und eine konkrete Gefährdung vorliegt. Beim Castor-Transport wird die für den Verkehr gesperrte Strecke nur von einem einzigen Sonderfahrzeug befahren, das massiv von der Polizei beschützt wird.“ Wenn ein Protest vorher angekündigt werde, sei eine konkrete Gefährdung praktisch kaum möglich.

Fazit: Wie das Schottern zu bewerten wäre, könnten am Ende Gerichte zu klären haben. Derzeit arbeiten verschiedene Gruppen an einem gemeinsamen Aufruf und Aktionskonzept. Beteiligt sind dabei bislang vor allem Gruppen, die bereits bei den G8-Protesten in Heiligendamm aktiv waren. Das reicht von autonomen Gruppen bis hinein in die Grüne Jugend. Noch ist unter den Gruppen allerdings umstritten, wie weit hinein ins bürgerliche Lager die Aktion strahlen soll. Eines scheint aber weitgehend Konsens zu sein: Bilder von Steinschlachten auf den Gleisbetten soll es nicht geben, um den traditionell gewaltfreien Widerstand gegen die Castor-Transporte nicht zu gefährden. Dass es zu solchen Bildern kommt, glaubt im Wendland kaum jemand.

Die Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Kerstin Rudek, sagte: „Es hat in der Vergangenheit immer wieder Aktionen zivilen Ungehorsams gegeben, die sich meist bewährt haben.“ Sie sei sicher, dass bei allen Castor-Aktionen das Prinzip gewahrt bleibe, dass Menschen nicht zu Schaden kommen dürften.

—————————————————————————————————–

KOMMENTAR 24.08.2010

Betrifft:Ziviler Ungehorsam ist Teil der Demokratie

Vielleicht nicht legal, aber legitim

VON MARTIN KAUL

Bei der Bewertung gesellschaftlicher Fragen ist es manchmal nötig, zwischen juristisch legalen und moralisch legitimen Abwägungen zu unterscheiden. Fragen wir also: ist es legitim, in Folge moralischer Abwägungen auch eine Straftat zu begehen? Die Antwort ist: kommt darauf an. Kann nun aber das Schottern von Gleisbetten beim Castor-Transport legitim sein? Ich meine: ja.

Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung lehnt die Atomkraft ab. Vor dem Hintergrund einer skandalösen Vorgeschichte ungeklärter Fragen und vertagter Antworten – etwa zur Endlagerfrage – gründet diese Ablehnung nicht auf einem Bauchgefühl, sondern ist rational und begründet. Bei der Entscheidung für Gorleben wurde getäuscht, bei der Suche nach Lagermöglichkeiten gewartet – und noch immer ist keine Lösung in Sicht. Stattdessen diskutiert die Bundesregierung lediglich darüber, um wie viele Jahrzehnte sie die gefährlichen AKWs weiter strahlen lassen will, obwohl es längst Alternativen gibt.

Da zeugt es von einem gesunden Demokratieverständnis, wenn BürgerInnen bereit sind, auch persönliche Risiken in Kauf zu nehmen, um der Bundesregierung Beine zu machen, ihrer Verpflichtung nachzukommen und eine Lösung für das Problem zu finden. Dazu zählen auch die Pläne, die Gleisbetten beim Castor-Transport friedlich und massenhaft vom Schotter zu befreien. Solange gewährleistet bleibt, dass der Protest gegen die Castor-Transporte friedlich bleibt und sich die Gewalt zu keinem Zeitpunkt gegen Polizeibeamte, sondern ausschließlich gegen den Schotter richtet, können solche Aktionen legitim sein, auch wenn es sich dabei – streng juristisch betrachtet – um Straftaten handeln könnte. Die Abwägung, ob solche Protestformen sinnvoll und gerechtfertigt sind, muss jeder im konkreten Einzelfall moralisch für sich selbst treffen. Eine Gesellschaft lebt von denkenden Einzelnen. Das gilt auch für zivilen Ungehorsam.

———————————————————————————

Eine weitere Pro-Meinung dazu:

von GEORG KOESSLER, veröffentliche am 25. August 2010 im Blog „klima-der-gerechtigkeit:

Betrifft: Castor Schottern ist legitim!

Die taz berichtet heute über “Die Schotter-Kampagne“. Dabei geht es laut Redakteur Martin Keul um Folgendes:

Der kühne Plan: Wenn bei den Castor-Transporten tausende Menschen nicht nur auf der Straße sitzen, sondern gemeinsam komplette Gleisabschnitte von Steinen befreien, könne sich der Tross effektiv stoppen lassen.

Das finde ich persönlich legitim. Als Mensch mit grünem Weltbild lehne ich Gewalt gegen Menschen (und andere Lebewesen) grundsätzlich ab. Bei Gewalt gegen Gegenstände muss immer kritisch gefragt werden, ob dabei Menschen zu Schaden kommen würden. Es ist fragwürdig, welchen Sinn das Abfackeln von Kleinwagen in Neukölln macht – wahrscheinlich gar keinen. Doch wenn ein Stück Schiene, welches nur für denTransport im Schritttempo von Hochrisikomüll alle 2 Jahre mal genutzt wird (daher kein “Schwerer Eingriff in den Schienenverkehr”), vorübergehend umgestaltet wird, ist das im Rahmen von bürgerschaftlichem Engagement.

Demokratie wird immer von zwei Seiten bedroht, von Repression und von Lethargie. Dazwischen verläuft der Streifen einer aktiven Zivilgesellschaft von der die wachsende Klimabewegung ein aktiver Teil ist. Es ist erfreulich, wenn sich die sog. “bürgerlich-linken” Gruppen wie die GRÜNE JUGEND oder solid mit einer solchen Aktion solidarisieren, wenn sich einzelne Prominente unter den Aufruf setzen und wenn klimabewegte Menschen aus dem linken und autonomeren Spektrum für eine saubere Energieversorgung zusammen kommen. Die Aktion birgt die Chance, bewegte Bündnisse von Unbeugsamen zu schaffen. Der Aufruf zeigt, dass es keine Gewalt bei der Aktion geben soll. Es geht einzig darum, den Castor mit den friedlichen Mitteln des “Schotterns” zu stoppen um damit der Regierung zu zeigen, dass ihre abgehobene Atomdiskussion am der deutschen Mehrheitsmeinung vorbei geht. Die will kein Atommüll und keine Atomenergie. Merkel sollte Gorleben (wieder) und für immer dicht machen.

————————————————————————————————

Eine Contra-Meinung:

Von Philipp Horstmann, , Leserbrief der Elbe-Jeetzel-Zeitung vom 18.09.2010:

Titel: Von Sabotage distanzieren

Betrifft: Aktion „Castor Schottern“

Der Aufruf zum Sabotieren der Gleise ist gefährlich und verantwortungslos. Die Initiatoren haben sich dabei der Logik ihrer Gegner erschreckend angeglichen: Es wird schon nichts passieren, aber ein Restrisiko ist eben unvermeidbar. Von Atomkraftwerken geht ein erhebliches Restrisiko aus, daher lehnen sie die meisten Menschen ab.

Und was ist mit beschädigten Gleisen? Eine Notreparatur macht die Strecke nicht sicherer. Verlassen wir uns darauf, dass die Polizei schon jede beschädigte Stelle entdecken wird? Ein Sprecher der auswärtigen Schotterer hat mir erklärt, der Castorzug fahre ja sowieso nur in Schrittgeschwindigkeit. Schön, dass sich in Berlin da jemand so gut auskennt.

Bekennender, entschlossener und friedlicher Widerstand zeichnen für mich die Castorproteste aus. Auf »Schotterer» wird die Polizei anders reagieren als auf Demonstranten auf den Gleisen. Wenn die Polizei Demonstrationen ohne Vorankündigung mit brutaler Härte auflöst, wird mir die digitale Solidarität der »antifaschistischen Schotterer» spürbar wenig helfen.

Mich erschreckt, dass exponierte Menschen aus Kreisen der BI und »Robin Wood» den Schotterern Respekt für ihren »mutigen Ungehorsam» zollen. Noch ist es nicht zu spät, Einsicht zu zeigen. Von den Vorständen und Sprechern der Proteste erwarte ich eine klare Distanzierung von Sabotage- Aktionen am Gleisbett. Sonst könnte Zivilcourage diesmal bedeuten, sich den eigenen Verbündeten zu widersetzen.

Philipp Horstmann,
Hitzacker

————————————————————————————————-

Solidarität mit „Castor? Schottern!“ / Widerstand gegen Atomkraft ist legitim

Solidaritätserklärung von attac, Grüne Jugend, Solid, Jusos u.a.

Zu finden unter: http://www.dazwischengehen.org/story/2010/10/solidaritaet-mit-castor-schottern-widerstand-gegen-atomkraft-ist-legitim

Auch wenn sie nicht zum Schottern aufrufen, wollen sie doch ihre „Symphatie“ bekunden. Zu diesem Zwecke veröffentlichten heute verschiedene Organisationen und Personen eine Solidaritätserklärung mit der Kampagne „Castor Schottern“. Folgende Gruppen und Einzelpersonen haben bisher unterzeichnet: Attac Deutschland, GRÜNE JUGEND, ausgestrahlt, Jusos in der SPD, PowerShift, Robin Wood, Linksjugend Solid, Die Linke.SDS, Urgewald, WEED, Attac Jugendnetzwerk Noya, Astrid Rothe-Beinlich (Bundesvorstand Bündnis 90/Die Grünen), Jochen Stay, Dr. Hermann E. Ott (MdB B90/Grüne), Sven-Christian Kindler (MdB Bündnis 90/Die Grünen), Stefan Ziller (MdA Berlin), Ursula Schönberger (Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD), Dora Heyenn (Fraktionsvorsitzende DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft). In der Erklärung heisst es u.a.: „Wir haben Verständnis für diese Aktionsform als ein Stoppschild für eine Politik, die Mensch und Umwelt hinten anstellt und verurteilen jeden Versuch einer Kriminalisierung derjenigen, die sich in dieser Form engagiert der Atomkraft entgegenstellen.“ Hier das ganze Statement:

In unzähligen Demonstrationen und Aktionen hat die Mehrheit der Bevölkerung öffentlich deutlich gemacht, dass Atomenergie in diesem Land keine Zukunft hat und abgeschaltet werden soll. Und zwar nicht in einigen Jahren, sondern jetzt und sofort.

Mächtige Energiekonzerne wie RWE, E-ON, Vattenfall und ENBW setzen derzeit ihr ökonomisches Interesse an verlängerten Laufzeiten rücksichtslos durch. Trotz des Wissens um die Gefahren und katastrophalen Auswirkungen dieser Technologie, ist die Bundesregierung bereit, die ökonomischen und machtpolitischen Interessen der Konzerne mitzutragen und zu unterstützen.

Der Castortransport nach Gorleben ist im Streit um eine zukunftsfähige Energiepolitik ein Kristallisationspunkt. Der Castor, der im November 2010 rollen soll, ist Symbol für ein unbeirrtes „Weiter so!“ der schwarz-gelben Atompolitik. Deutlicher Protest dagegen ist gerade in dieser zugespitzten Situation des Atomstreits notwendig. Wir, die UnterzeichnerInnen dieser Erklärung, haben deshalb Sympathie mit der Kampagne „Castor Schottern“, die mit Aktionsformen zivilen Ungehorsams der immensen Gefahr von Atomkraft exemplarisch begegnen will. Castor Schottern haben sich für ihre Aktion ein Gleisabschnitt ausgesucht an dem bis auf dem Castor-Transport kein Zugverkehr stattfindet. Menschen werden somit nicht gefährdet.

Wir haben Verständnis für diese Aktionsform als ein Stoppschild für eine Politik, die Mensch und Umwelt hinten anstellt und verurteilen jeden Versuch einer Kriminalisierung derjenigen, die sich in dieser Form engagiert der Atomkraft entgegenstellen. Wir sehen diesen Akt des zivilen Ungehorsams als Ausdruck für das Streiten um die Unversehrtheit der jetzigen und der kommenden Generationen. In Anbetracht der Ungeheuerlichkeit des Nichtausstiegs aus der Atomenergie, der wissentlich Mensch und Natur heute und auf unabsehbare Zukunft in große Gefahr bringt und schädigt, halten wir „Castor Schottern“ für ein nachvollziehbares und aufrüttelndes Vorgehen gegen Atomkraft und erklären uns solidarisch mit den Protesten im November im Wendland.

Die Solidaritätserklärung wurde unterzeichnet von folgenden Gruppen und Einzelpersonen:

Attac Deutschland
GRÜNE JUGEND
ausgestrahlt
Jusos in der SPD
PowerShift
Robin Wood
Linksjugend Solid
Die Linke.SDS
Urgewald
WEED
Attac Jugendnetzwerk Noya

Astrid Rothe-Beinlich (Bundesvorstand Bündnis 90/Die Grünen)
Jochen Stay
Dr. Hermann E. Ott (MdB B90/Grüne)
Sven-Christian Kindler (MdB Bündnis 90/Die Grünen)
Stefan Ziller (MdA Berlin)
Ursula Schönberger (Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD)
Dora Heyenn (Fraktionsvorsitzende DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft)

Für Rückfragen und Interviews:
Gesine Agena (Sprecherin Bundesvorstand Grüne Jugend): 030-27594095, gesine.agena@gruene-jugend.de
Max Bank (Attac-Koordinierungskreis): 0163-4568741, max@attac.de

4 Antworten zu Ziviler Ungehorsam gegen Castor-Transport

  1. Stefan Haßler sagt:

    Ob das „Schottern“ nun ein „gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr“ darstellt oder nicht, ist derzeit unklar. Sicherlich ist es Sachbeschädigung und daher eine Straftat.

    Jede(r) muss für sich überlegen ob er/sie diese Sachbeschädigung in diesem Fall für akzeptabel hält, um Schaden von Leib und Leben, durch die Atomtechnologie, abzuwenden.

    Denn so wie es aussieht, kann dieser Schaden für Leib und Leben, trotz unseres recht guten Grundgesetzes und unserer parlamentarischen Demokratie, mit NUR (!?) ihrem Gewissen verpflichteten Abgeordneten, nicht abgewendet werden.

    Zum Nachdenken vielleicht dieses:

    Es brennt in einem Haus. Ein Anwohner benachrichtigt die Feuerwehr. Sie weiß, dass eine Person in der Wohnung eingeschlossen und in akuter Lebensgefahr ist.
    Die Feuerwehrleute zertrümmern die Haustür mit einer Axt, um die hustende Person gerade noch zu retten.

    Sollen nun diese Feuerwehrleute wegen Sachbeschädigung bestraft werden?
    Soll der Anwohner, der die Feuerwehr benachrichtigte wegen „Aufruf zu einer Straftat“ für (bis zu) fünf Jahre ins Gefängnis?

    Sicher: Der Vergleich hinkt. In diesem Beispiel ist eine Person akut bedroht. Das ist leicht zu erkennen.

    Bei dem Betrieb von Atomkraftwerken und der Lagerung der abgenutzten Brennstäbe, ist die Bedrohung nicht ganz so offensichtlich. Und wir sind Meister des Verdrängens. „Tschernobyl“ war 1986.

    Doch sind hier tatsächlich statt „nur“ einer Person Tausende, ja Millionen Menschen bedroht!

    Sind die Verantwortlichen wirklich nicht in der Lage ihren Verstand zu benutzen und auch Gefahren zu erkennen, die nicht so akut erkennbar sind wie das brennende Haus im Beispiel oben?

    Muss es wirklich erst brennen? – Muss es zu einem schweren Atomunfall oder einem „GAU“ kommen?

    Die Polizisten, die den Castor begleiten, dürfen sich nur eine begrenzte Zeit neben diesem aufhalten, da die Strahlung trotz Abschirmung zu stark ist! – Mit welchem Recht wird die Gesundheit der Beamten, und all der Menschen die gegen den Castor vor Ort protestieren werden, aufs Spiel gesetzt?

    Wer also nicht aus der Überzeugung, dass die Nutzung der Atomenergie schnellstens beendet werden muss, seine Dienst verweigert, kann dies auch zum Schutz des eigenen Lebens und der eigenen körperlichen Unversehrtheit tun.

    Der Polizist der seine Gesundheit für wertvoller hält als sein „Dienst- und Treueverhältnis“, sollte also zu Hause bleiben. – Ebenso der Zugführer, der sicherlich auch stärkeren Strahlendosen ausgesetzt sein wird.

    Im übrigen würde ich argumentieren, dass aus Sicherheitsgründen alle Lokführer den Dienst verweigern (oder sich krankschreiben lassen) sollten. Warum?

    Es kann sicher nicht behauptet werden, dass die Polizei (oder sonstiges Personal) die gesamte Strecke hundertprozentig kontrolliert hat, bis der Zug anrollt. Möglicherweise wurden schon VOR der offiziellen „Schotteraktion“ „Sabotageakte aus Notwehr“ verübt.

    Dann bestünde möglicherweise eine Gefahr für Leib und Leben, wenn die Zugführer (ggf. mit Begleitpersonen) bei „grünem Licht“ bedenkenlos weiterführen.

    Aber: Es wurde von verschiedenen Gruppen und Aktivisten vorgewarnt!

    Also (Castor-) Zugführer/Lokführer: Nehmt euch ein paar Tage frei!

  2. Pingback: 350 bis 400 Menschen bei der 4. Montagsdemo in Lüneburg | Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (LAgA)

  3. Pingback: Rund 300 Menschen bei der 3. Montagsdemo in Lüneburg | Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (LAgA)

  4. Pingback: Demonstrationsrecht auch für Menschen mit Behinderung?. | Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (LAgA)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert