ein Artikel von Ulrich Franz Nettig:
die 7. Mahnwache des Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atomenergie hat am Montag, den 29.Nov. um 17 Uhr vor der Lüneburger Sparkasse am Sande stattgefunden, diesmal wieder von den Violetten veranstaltet. Zwischen 30 und 40 Atomkraftgegner/innen fassten sich zu Beginn an den Händen, einige hüpften, die Hitze unserer Herzen und unsere Kraft war der Kälte locker gewachsen. Freudige, lebendige, gesunde Gesichter stimmten ein in die spirituellen Gesänge, in den Gesang vom Widerstand: …Schluss mit der Atomkraft, Gorleben soll leben…
Es gab mehrere Redebeiträge zum persönlichen Engagement überall zu werben für den privaten Atomausstieg, in dem der Stromanbieter gewechselt wird, zum politischen Hintergrund der Atompolitik als Lobbypolitik, als Politik internationaler Großkonzerne, die hinter den Kulissen ihre Profitspiele betreiben, es wurde auf die neuerlichen Kastortransporte nach Russland hingewiesen, es wurde geworben zur Teilnahme an weiteren Aktionen der Antiatombewegung. Kommt zum Beispiel zur Kundgebung am Samstag den 4 .12 um 13 Uhr am Lüneburger Bahnhof oder zur Demo nach Greifswald am 11.Dezember, es fährt mindestens ein Bus von Lüneburg, Infos hierzu bitte über unsere E-Mail: info@lagatom.de
Einig war man sich, dass der Keim gelegt ist für den Sieg der ökologischen Bewegung. So wie die Tradition der Montagsdemonstrationen in der ehemaligen DDR damals einen wesentlichen Beitrag leistete zu einer unblutigen Vereinigung eines sozialistischen und eines kapitalistischen Deutschlands unter dem Motto: „Wir sind das Volk!“ hat dieses Volk inzwischen über seine Daseinsberechtigung hinaus weitere Ziele: „Wir sind das ökologische, das friedliche Volk“ und dieses Volk wird siegen.
Einig war man sich auch, dass die Mahnwachen weitergehen und einige freuten sich bei dem anschließenden Tee bereits auf die Frühlingsgefühle bei einer Mahnwache im Mai mit fast 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Aber auch über die Weihnachtstage wollte man die Montage weitermachen. Also Freunde bis zum 6.12. am Sande.
Schön, dass die Mahnwachen weiterhin Bestand haben!
Jedoch finde ich die Schilderung in diesem Artikel gelinde gesagt „etwas“ geschichtsklitternd.
Denn der Ausruf bei den DDR-Montagsdemonstrationen galt nicht dem Ziel einer Vereinigung eines „sozialistischen und eines kapitalistischen Deutschlands“, sondern galt dem Ziel einer anderen, demokratischen DDR!
Von den –leider schon komplett vergessenen– Entwürfen einer neuen DDR-Verfassung könnte sich die westlich, kapitalistisch geprägte (und später dann vereinigte) BRD noch 10 Scheiben abschneiden. Vor allem, was den darin befindlichen Demokratiebegriff anbelangt.
Die Vereinigung war weder eine „Wiedervereinigung“, noch eine wirklich gleichberechtigte Vereinigung, sondern letztlich eine –im Wirtschaftsbereich würde man sagen– feindliche Übernahme.
Wie schrieb es die taz in jenen Tagen (sinngemäß): Der einzige Vorteil dieser Vereinigung liegt darin, dass es nun ein Deutschland weniger gibt!
In diesem Sinne: Lasst uns die Montagsdemos ruhig als Vorbild nehmen, aber nicht geschichtsklitternd. Denn die Menschen riefen „Wir sind DAS Volk“ und nicht „Wir sind EIN Volk“ – das wurde erst später umgemünzt und mit Bananen und Orangen verziert.
Dabei bleibt zunächst einmal der zweifelhafte „Volk“sbegriff undiskutiert!!!