Weitgehend unbeachtet hat den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein Beschluss passiert, der nun die zuständigen Behörden ermächtigt, Deponien zur Annahme von Bauschutt aus dem AKW-Abriss zu zwingen. Auch gegen den Willen der AnwohnerInnen und gegen das, immer wieder nach Außen bekundete, Grundverständnis des Umweltminsiteriums (MELUND), Wert auf Partizipation und Transparenz zu legen.
„Der Landtag …. würde es daher sehr begrüßen, wenn sich Deponien, Sitz- und Nachbargemeinden sowie örtliche Begleitgruppen an dem Modell „Deponie plus“ beteiligen und dadurch eine freiwillige Mitverantwortung für die gesamtgesellschaftliche Aufgabe des Atomausstiegs übernehmen.
Der Landtag unterstützt die Landesregierung in ihrer Absicht, das im Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgesehene Verfahren von Zuweisungen unter der Maßgabe des „Deponie plus“ Modells dann zu prüfen, wenn die für das jeweilige Kernkraftwerk entsorgungspflichtigen Kreise sich mangels verfügbarer Deponie oder der fehlenden Bereitschaft anderer Deponiebetreiber mit einem entsprechenden Gesuch an die Landesregierung wenden.(drucksache-19-02072)„
Moment! Wir würden es begrüßen, wenn ihr freiwillig Mitverantwortung übernehmt, sonst zwingen wir Euch. Das ist ja ein seltsames Verständnis von Freiwilligkeit und Bürgerbeteiligung. Was heißt das denn, wenn eine Begleitgruppe, wie die der Deponie Wiershop, bei einer Charge Nein! sagt. Im Moment feiert die Landesregierung und das Umweltministerium den Begleitprozess dort als Mustergültig. Aber bisher wurde auch nur über chemisch-toxisch belastete Reststoffe aus dem AKW Krümmel entschieden. Die eigentlich kritischen Chargen, der radioaktiv kontaminierte Bauschutt aus der spezifischen Freigabe, werden erst kommen, wenn der Abriss des AKW begonnen hat.
Wird, wenn dann die Begleitgruppe zu einer anderen Einschätzung kommt als das MELUND, aus wohlwollendem Schulterklopfen die Zwangszuweisung. Ein Szenario, dass man in Harislee auf der dortigen Deponie schon jetzt befürchtet, denn Bauschutt aus Brunsbüttel könnte hier Zwangszugewiesen werden.
Das Zauberwort in Schleswig Holstein ist Deponie Plus. Plus ist gut, das hört sich nach mehr an!
Das Mehr besteht vor allem darin, dass die Einhaltung der Grenzwerte nicht an abstrakten Modellszenarien überprüft wird, sondern an der Realität der jeweiligen Deponie. Am Beispiel der Deponie Wiershop geht es dabei z.B. um die Belastung der Deponieabwässer. Ein Gutachten des TÜV weißt nach, dass das Modellszenario in der nachgeschalteten Kläranlage eine deutlich höhere Verdünnung vor sieht. Mit dem Ansatz Deponie Plus wird nun wirklich nachgerechnet, wie stark eine „Backstein“ aus dem AKW kontaminiert sein darf, damit auch in Wiershop der Grenzwert im Vorfluter hinter der Kläranlage eingehalten wird. Damit können hier nur „Backsteine“ deponiert werden, die eine geringere Kontamination aufweisen, als auf einer Deponie, auf der man das gar nicht überprüft hat (z.B. die Deponien in Niedersachsen).
Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Es wirft aber schon ein Schlaglicht auf das Thema, wenn man es positiv hervorheben muss, dass Grenzwerte tatsächlich eingehalten werden. Dass man darüber nun eine Berechtigung zum Zuweisungszwang legitimierte, macht zumindest nachdenklich.