Nun ist die Katze aus dem Sack: das Eingangslager für das Endlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll Schacht KONRAD kommt auf das Gelände des stillgelegten AKW Würgassen.
Seit 2017 ist so ein Lager in den Plänen der Bundesregierung vorgesehen. Anlass dafür ist, das Eingeständnis, dass das ursprüngliche Einlagerungskonzept so nicht funktioniert. Bei der Genehmigung von KONRAD hatte man die Vorstellung, dass Container die aus den Zwischenlagern an den AKW-Rückbaustandorten angeliefert werden, noch am selben Tag unter der Erde verschwinden.
Wie so oft hat die Realität die Planungen überholt. Obwohl es ursprünglich anders verkauft wurde, müssen die Einlagerungskammern jeweils bis an die obere Grenze der zulässigen Strahlenwerte vollgestellt werden. Damit wird die Einlagerung zum Tetrisspiel, mit hohen logistischen Anforderungen. Zudem besteht ein hoher Druck auf die Fertigstellung des Endlagers. Die verzögert sich seit Jahrzehnten und auch der aktuelle Starttermin 2027 ist eher zweifelhaft. Bei mehreren AKW war aber der Stilllegungsantrag an die Bedingung geknüpft, dass das Endlager in Betrieb geht.
Beide Probleme denkt man nun, mit dem Eingangslager zu lösen.
Aber warum Würgassen, das ist doch 100 km von Salzgitter entfernt?
Der Planfeststellungsbeschluss für KONRAD sieht ausdrücklich kein Eingangslager vor Ort vor. Würde man es dort errichten, müsste man es als wesentliche Änderung bewerten, und das Planfeststellungsverfahren neu aufwickeln. Viele Annahmen aus dem ursprünglichen Verfahren basieren aber auf den Einschätzungen der 80er und 90er Jahre des letzten Jahrtausends. So wäre zum Beispiel unter heutiger Rechtslage ein wesentlich anspruchsvollerer Sicherheitsnachweis zu führen. KONRAD wäre nicht genehmigungsfähig. Würgassen ist der Taschenspielertrick, um das zu umgehen.
Ist das denn schlimm?
Unabhängig von der Grundkritik an der Eignung von KONRAD, ja. Zunächst verdoppeln sich dadurch die Atomtransporte. So muss nun z.B. ein Container aus Krümmel erst nach Würgassen, dort abgeladen und später wieder aufgeladen werden, um dann nach Salzgitter zu kommen. Bei 303.000 m3 Atommüll in knapp 67.000 Transporteinheiten, die aus allen Himmelsrichtungen via Würgassen nach Salzgitter sollen, eine unverantwortlicher Erhöhung von Transportrisiken.
Fraglich ist bei dem, was bisher über das Konzept bekannt ist, wie lange der Atommüll denn am Standort Würgassen zwischengelagert werden soll. In der lokalen Presse war zunächst von der Errichtung eines Logistikzentrums für radioaktiv belastete Kittel und Handschuh die Rede. Mag ja sein, dass da ein Lokalreporter das Ausmaß übersehen hat. Die BGZ stellte das später richtig. Man rechne mit „weniger als 20 LKW-Transporten und weniger als zehn Zugfahrten pro Tag“. Der Begriff Logistkzentrum bleibt aber bestehen.Darunter würde man sich ja vermutlich vorstellen, dass da ein paar Container rum stehen und dann zeitnah wieder abfahren.
Dem widersprechen die gigantischen Abmessungen der geplanten Lagerhalle. Zum Vergleich an Standort Krümmel baut Vattenfall ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (LASMA) mit 3.120 m2 (65 x 48 m). Für Würgassen kündigt die BGZ eine Halle mit 40.625 m2 (325 x 125 m) an. Das heißt der Atommüll aus 13 AKW von der Größe des AKW Krümmel hätte hier theoretisch Platz. Es bleibt abzuwarten, wie die konkreten Pläne aussehen werden. Aber bei der Größe ist davon auszugehen, dass hier wesentliche Mengen des bundesweit entstandenen Atommülls über längere Zeiten zwischengelagert werden sollen.
Und was heißt das für die Rückbaustandorte
LAgAtom mischt sich aktive in die Rückbauplanungen der Atomforschungsanlagen der HZG und des AKW Krümmel ein. Hier fordern wir die Zwischenlagerung für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll so zu gestalten, dass auch bei einer Lagerung über Jahrzehnte keine Sicherheitsrisiken entstehen. Rostfässer und Container aufgrund von Lagerungsfehlern wie in Brunsbüttel darf es nicht geben. Defekte an Gebinden müssen frühzeitig erkannt werden. An dieser Forderung ändert sich durch das Eingangslager nichts. Weder darf der Sicherheitsstandard mit der vagen Annahme, nun können die Atommüllbehälter ja bald nach Würgassen, reduziert werden, noch darf ein Druck von den Rückbaustandorten entstehen, nach dem Motto bei uns „Grüne Wiese“, seht ihr in Würgassen mal zu, dass die Halle fertig wird.
Atomtransporte und ihre Risiken müssen auf das sicherheitstechnisch notwenige Mindestmaß reduziert werden. Deshalb fordern wir zum Beispiel, so weit möglich Konditionierungsschritte vor Ort zu machen. Eine sinnlose Verdopplung der Transporte lehnen wir ab.
Das KONRAD Konzept ist genauso gescheitert wie Albrechts Gorleben-Phantasien. Auch für den schwach- und mittelradioaktiven Atommüll braucht es eine neue Standortsuche. Eine Verschiebung nach Würgassen würde dieses Problem nur verschleiern.